Umwege erweitern die Ortskenntnisse

Ein Spaziergang auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg

Es gibt Tage, an denen erlebe ich mich etwas ungeplant in meine Touren startend. Ich sehe andere Menschen in meinem Leben, die in meinen Augen sehr organisiert sind; ein Vorhaben ist geplant und dann gilt es, einiges im Vorwege zu bedenken. Diese Eigenschaft fehlt mir zuweilen und so merke ich, dass ich kurz vor dem Start über Vieles gar nicht nachgedacht habe. Im Nachinein stelle ich fest, es wäre vielleicht gut gewesen und mich stresst es meist noch mehr, so kurzfristig noch alles überdenken zu müssen.

Für die Fotografie ist es manchmal sogar von Vorteil, planlos auf die Reise zu gehen. Denn dann ist man offen für das, was kommt oder sonst vielleicht übersehen wurde auf dem Weg nach dem bestimmten Motiv.

Am dem Tag für den dieser Artikel steht, wusste ich, dass ich in Hamburg Alsterdorf unterwegs bin,; aber nur für einen Zeitraum von etwa eineinhalb Stunden.

Zunächst war der Plan, an die Alster zu gehen und dort einen Moment herum zu butschern. Dadurch, dass ein Gewitter sein Unwesen trieb, entschied ich, nur etwas herumzulaufen und vom Ursprungsort nicht so weit weg zu kommen, falls das Wetter zu extrem wird. Während des Spaziergangs kam ich dann, unwissend, beim Ohlsdorfer Friedhof heraus. Ich hatte mich nicht so ortskundig gemacht, um die Entfernung vom Ausgangspunkt zu wissen.

Auf diesem wunderschönen Areal war ich vor 5 Jahren das erste Mal unterwegs, weil mich dieser Ort schon damals faszinierte. Viele alte Bäume, Statuen und die Geschichte der Menschen, die dort ihre Ruhe gefunden haben, bieten ein großes Spannungsfeld, das entdeckt werden sollte. Hier machte ich meine ersten Versuche der Fotografie mit einer Spiegelreflexkamera.


Herbstliche Eindrücke von dem Friedhof in Hamburg Ohlsdorf


Irgendetwas hatte mich offensichtlich dazu gebracht, dort wieder nach so langer Zeit anzukommen. Ein freudiges "Wiedersehensgefühl" ploppte in mir auf. Dass es immer noch am Himmel grummelte und zwischendurch mehr regnete, war für mich total in den Hintergrund getreten. Ohne Vorhaben, aber mit dem vorgegebenen Zeitfenster zog ich jetzt meine kleinen Runden über die Rasenflächen und die Wege, zwischen den imposanten und rauschenden Bäumen hindurch. Ab und zu flog ein landendes Flugzeug über mir hinweg, welches die Ruhe für einen Moment unterbrach. Es grummelte und grollte vom Gewitter weiterhin am Himmel. Vergangene Zeiten kamen mir ins Gedächtnis, Gedanken von damals waren auf einmal wieder so präsent, als wären sie grad erst gedacht.

 

Ich drückte auf den Auslöser, hielt inne, ließ meinen Blick weiter umherschweifen und fühlte mich so im hier und jetzt und dabei gleichzeitig so sicher. Zwischenzeitlich hatte es aufgehört zu regnen...

Alles war gut und irgendwie hatte sich scheinbar ein sehr großer Kreis geschlossen, der vor längerer Zeit einmal geöffnet wurde. Irgendetwas durfte oder wollte jetzt gehen und Neuem Platz machen. Wieder einmal bewahrheitet sich der Satz, den ich vor Jahren einmal gelesen habe und der mich seitdem positiv begleitet: Umwege erweitern die Ortskenntnisse.  Es stimmt! Ich freue mich über diese Umwege, die auf jeden Fall einen Sinn haben, da bin ich inzwischen sicher.

 

Auf dem Rückweg las ich dann auf einem großen Schild noch einen einprägsamen Satz: Eingänge sind Übergänge. Vielleicht wird das der nächste Spruch, der mich zukünftig begleitet.

Danke für eineinhalb Stunden Umwege, die so wertvoll waren.

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